Indische Miniatur
Späte Beispiele für Illustrationen in Manuskripten des frühen 16. Jahrhunderts. bestimmte die Hauptrichtungen der Entwicklung der Miniaturmalerei der frühen Rajasthani- und Mogulschulen. Allerdings wurde schon vor dieser Zeit ein reicherer und dekorativerer Stil durch eine Gruppe von Buchillustrationen repräsentiert, bei denen es sich im Wesentlichen um Miniaturen mit ganzseitigen Szenen handelt. Der Höhepunkt dieses Stils war die Liebesserie „Chaurapanchashika“ („Fünfzig Verse der Entführung“). Hier werden beispielsweise Kostüm- und Architekturtypen nachgebildet: Männer tragen durchscheinende Gewänder mit langen, glatt fallenden Säumen und spitze Turbane. Frauen tragen leichte Schals und karierte Röcke.
Die Architektur aus weißem Marmor ist mit Lotusblütenblättern verziert und endet mit Türmchen oder niedrigen Kuppeln. Den Hintergrund der Miniaturen bilden häufig blühende Bäume mit weißen Blütenblättern. Am Himmel sind leichte, regelmäßig gerundete Wolken zu sehen. Chaurapancashika veranschaulicht den Höhepunkt der im Text vorgestellten Liebesgeschichte. Die anmutigen und sinnlichen Gesten von Liebenden sind sehr emotional. Die weitere Blüte dieses Stils wird durch verstreute Blätter aus dem Bhagavata Purana (Episoden aus den Inkarnationen Vishnus) und dem Gitagovinda im Prince of Wales Museum (Bombay) belegt. Die Zärtlichkeit anspruchsvoller Frauen ersetzt die den frühen Werken innewohnende Kantigkeit. Die Figuren sind vor dem Hintergrund einer üppigen tropischen Landschaft dargestellt: dichte Baumkronen, Ranken, die Stämme umschlingen, wellenförmige Wolken in Kettenminiaturen vermitteln die Atmosphäre frühlingshafter Blüten. Die Miniatur aus der Goenka-Sammlung zeigt Krishna und Balarama, die beim Flötenspiel Kühe hüten.
